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Rentendiskussion um den heissen Brei

Etwas im Schatten des revidierten Asylgesetzes stimmen wir am 24. September auch über die KOSA-Initiative ab. Vor genau vier Jahren hatte das Volk bereits über eine ähnliche Initiative zu befinden, damals allerdings aus dem entgegengesetzten, dem rechten politischen Lager. Die Initiative hiess „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)“ und wollte ebenfalls Nationalbank-Geld der AHV statt Bund und Kantonen zukommen lassen. Die Linke argumentierte damals, dass damit das Grundproblem der AHV nicht gelöst werde und bekam vom Volk an der Urne recht. Dieselbe Linke bringt nun eine Initiative, die die Gewinne (statt der Reserven) der Nationalbank der AHV überführen will. Diese Initiative löst das Problem freilich genau so wenig, ist aber offenbar populär, wie erste Umfrageergebnisse zeigten. Dabei wäre die Lösung für die AHV, also für sichere Renten, ganz einfach – nur leider nicht populär.


Wir können so viel Geld und Gold in die AHV stopfen wie wir wollen, bei den gigantischen Beträgen, die die AHV jährlich an Renten ausbezahlt, ist all dies höchstens eine Verschiebung des Problems nach hinten, auf künftige Generationen. Dem Volk etwas anderes zu erzählen ist letztlich nicht ganz redlich, denn das Problem der AHV ist die veränderte Demografie unserer Bevölkerung, die niemand aufhalten kann und auch nicht will. Die Menschen werden immer älter, weshalb im Verhältnis immer mehr Menschen AHV-Bezüger statt AHV-Beitragszahler sind. Bei gleich bleibenden oder – aufgrund der Inflation – gar steigenden Renten muss das Geld also knapp werden.

Mögliche Lösungen für das Problem gibt’s grundsätzlich nur zwei: man erhöht die Beiträge oder man kürzt die Bezüge, also die Renten. Da letzteres extrem unpopulär ist, zielten die bisherigen Vorschläge alle darauf ab, in irgendeiner Form die Beiträge zu erhöhen. Diese Beiträge müssen aber auch erst von jemandem erwirtschaftet werden, letztlich von der erwerbstätigen Bevölkerung. Denn ob wir die Goldreserven oder die Gewinne der Nationalbank nehmen oder die Mehrwertsteuer für AHV-Beiträge abzweigen, wir kreieren ja nicht neues Geld, sondern verteilen bloss bestehendes um. Dieses Geld fehlt dann eben in der Bundes-, bzw. in den Kantonskassen, womit das Problem zwar elegant verschoben, jedoch keineswegs gelöst ist. Um diese neu gebohrten Löcher zu stopfen, müssen letztlich die Steuern erhöht werden, was wiederum auf Kosten der Erwerbstätigen ginge.

Die einzig faire Lösung des Problems wäre deshalb, wenn unsere rüstigen Rentner länger arbeiten würden. Der einzige, der es bisher gewagt hat, öffentlich darüber nachzudenken, war Bundesrat Pascal Couchepin – und machte sich damit zum Buhmann der Nation. Die Idee wurde sogleich von allen Seiten als Abbauplan verschrien. Da jedoch die Lebenserwartung seit der AHV-Einführung deutlich gestiegen ist, kann eigentlich von Abbau nicht gesprochen werden, denn auch wenn ein Angestellter heute erst mit 67 in Pension ginge, bliebe ihm durchschnittlich noch eine längere Rentner-Zeit als zur Zeit der AHV-Einführung.

Voraussetzung, dass dieses System funktionieren könnte, wäre aber eine Abkehr der Arbeitgeber vom derzeitigen „Jugendlichkeitswahn“, der dazu führt, dass Arbeitnehmer ab 50 heute häufig kaum mehr eine neue Stelle finden. Die Vorzeichen dazu stehen allerdings gut; erst vorgestern kündigte Arbeitgeberverband-Präsident Stämpfli genau dies an.

Im Klartext: alle Ansätze, die darauf abzielen, die Beiträge zu erhöhen, belasten – man kann es drehen und wenden wie man will – junge und mittelständische Familien, die sonst schon stark belastet sind. Derweil werden unsere Rentner immer wohlhabender und bleiben auch immer häufiger bis ins hohe Alter gesund. Und das soll sozial sein?

Link zum Thema
Weg vom «Jugendlichkeitswahn» (NZZ)

Kommentare (2)

mosi:

Deinem Kommentar kann ich nur eins: voll und ganz zustimmen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Gegner ihr 10 Mal höheres Budget richtig einsetzen und die Jungen (und der Rest) an die Urne gehen und die Initiative ablehnen. Ein guter Kommentar der NZZ ist hier zu finden.

fes:

Eine Möglichkeit um die AHV ein wenig zu unterstützen hast du nicht erwähnt. Und zwar die Erweiterung der AHV-Zahler durch gezielte Zuwanderung. Auch dies ist nicht sonderlich populär, aber da die "schweizer" Bevölkerung rückläufig ist, eine Frage der man sich stellen muss.
Die Schwierigkeit liegt in der Frage, ob unser Arbeitsmarkt überhaupt zusätzliche Arbeitnehmer aufnehmen kann, ganz unabhängig davon ob es Zugewanderete oder alte Leute, wie von Couchepin vorgeschlagen, sind. Aber ganz allgemein bin ich deiner Meinung! Guter Artikel!

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Diese Seite enthält einen einzelnen am 31.08.06 22:34 erschienenen Blogeintrag.

Zuvor erschien in diesem Blog Torpediert Blocher mit dem revidierten Asylgesetz bewusst den Vertrag von Dublin?.

Danach erschien Entwicklung ist nicht käuflich.

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